Bilderbuch Ruppichteroth

Gedenkfeier 27.1.2022 mit Anbringung der neuen Gedenktafel

Gedenkfeier aus Anlass des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus

Der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar ist in Deutschland seit 1996 ein bundesweiter, gesetzlich verankerter Gedenktag.
Der Gedenktag wurde am 3. Januar 1996 durch Proklamation des Bundespräsidenten Roman Herzog eingeführt und auf den 27. Januar festgelegt.  Am 27. Januar 1945 befreiten Soldaten der Roten Armee die Überlebenden des KZ Auschwitz-Birkenau, des größten Vernichtungslagers des NS-Regimes.

Dieser Gedenktag wurde in Ruppichteroth am 27.1.2022 (16 - 17 Uhr) erstmals begangen.
Alle Bilder auf dieser Seite wurden von Nicolas Ottersbach (www.broeltal.de) zur Verfügung gestellt. Vielen Dank hierfür.

Programmablauf:

  • Begrüßung durch Bürgermeister Loskill
  • Enthüllung der neuen Gedenktafel durch Ursula Völkner und Brigitte Völkner (Bergisch Gladbach)
  • Verlesen der Namen und Schicksale der 23 ermordeten ehemaligen Ruppichterother Mitbürger durch Judith Reinecke, Aufstellung von Kerzen in Erinnerung an die Opfer durch Freiwillige der evangelischen und katholischen Kirchengemeinden 
  • Rede von Herrn Abraham Lehrer, Vorstand der Synagogen-Gemeinde Köln und Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland
  • Gebet: Frau Reinecke (Freundeskreis Nümbrecht – Mateh Yehuda)
  • Gebet: Herr Pastor Neuhaus und Herr Pfarrer Heinzen
  • Ansprache/Schlusswort: Ehrenbürgermeister Herr Ludwig Neuber

Musikalische Gestaltung der Gedenkfeier: Prof. Epstein und Vitali Eberling

Programmgestaltung:
Miriam Reinecke (1. Vors. Freundeskreis Nümbrecht – Mateh Yehuda), Pastor Hans-Wilhelm Neuhaus (ev. Kirchengemeinde Ruppichteroth), Wolfgang Eilmes (bilderbuch-ruppichteroth.de)

Ansprache von Bürgermeister Mario Loskill

Die Gedenkfeier wurde eingeleitet durch die Ansprache von Herrn Bürgermeister Mario Loskill. Der Bürgermeister begrüsste die trotz Regens zahlreich erschienenen Gäste, darunter Vertreter aller poltischen Parteien von Ruppichteroth sowie Schulleiter und Schulleiterinnen zahlreicher Schulen aus Ruppichteroth und den Nachbargemeinden, die ihren Schüler/n/innen die jüdische Geschichte am Beispiel der inzwischen zahlreich vorhandenen Dokumente und Geschichten zur jüdischen Geschichte in Ruppichteroth nahebringen möchten. Herr Loskill erinnerte an die 23 ermordeten ehemaligen jüdischen Mitbürger sowie weitere 17 Personen, die sich und ihre Familien noch rechtzeitig durch Flucht in die USA, nach England und nach Israel in Sicherheit bringen konnten.
Zum Schluß seiner Ansprache richtete der Bürgermeister einen Blick in die Zukunft:
nachdem die Gemeinde 2019 die ehemalige Synagoge durch einstimmigen Ratsbeschluss erwerben konnte, gibt es nun konkrete Planungen für die zukünftige Nutzung:
im Rahmen eines Projektes der Regionale2025 soll hier ein Schulungs-, Begegnungs- und Konferenzzentrum entstehen. Die ehemalige Synagoge soll allen Generationen offen stehen. Sie soll durch eine interreligiöse und interkulturelle Begegnungsstätte ergänzt und erweitert werden.

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Enthüllung der neuen Gedenktafel an der Synagoge

Anschließend erfolgte die Enthüllung der neuen Gedenktafel durch Ursula Völkner und Birgit Völkner aus Bergisch Gladbach, Enkelin und Urenkelin des in Ruppichteroth-Öleroth praktizierenden Arztes Dr. Erich Deutsch,  der  am 4.10.1944 im KZ Theresienstadt ermordet wurde („so mit Stöcken und einer Eisenstange geschlagen, dass er am darauffolgenden Tag starb“). Der Enthüllung wohnte Heinrich Schöpe (95 J.), früher wohnhaft in Velken, heute in Bonn, mit Ehefrau bei, der als Kind Patient von Dr. Deutsch war.

In einer sehr emotionalen Ansprache bedankte sich Frau Völkner für alle noch lebenden Nachkommen dafür, dass die Erinnerung an die Opfer des Nationalismus auch heute noch und auch in Ruppichteroth in einer „sehr feierlichen Form" (Zitat) wachgehalten wird.

Durch den weiteren Verlauf des Programmes führte Frau Marion Reinecke (Nümbrecht), 1. Vors. des Freundeskreises Nümbrecht-Mateh Yehuda.

Die neue Gedenktafel

Erinnerung an die Opfer

Judith Reinecke verlas die Namen und Schicksale der 23 ehemaligen Ruppichterother Mitbürger, die durch die Nationalsozialisten in den KZs ermordet wurden. Mitglieder der evangelischen und der katholischen Kirchengemeinde sowie andere Freiwillige trugen für jedes Opfer eine Karte mit dem jeweiligen Schicksal nach vorne und stellten jeweils eine Kerze zur Erinnerung ab.

Ansprache von Herrn Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland

Herr Abraham Lehrer war direkt von der Gedenkstunde des nordrhein-westfälischen Landtages aus Düsseldorf zur Gedenkfeier nach Ruppichteroth gekommen.
Herr Lehrer berichtete in seiner ca. 20minütigen Ansprache über sehr persönliche Erfahrungen in seiner Familie. Seine Eltern hatten den Holocaust überlebt, ihrem Sohn aber lange Zeit nicht erklärt, warum er im Gegensatz zu seinen Mitschülern ohne Großeltern aufwuchs. Erst im Alter von mehr als 50 Jahren missachtete Abraham Lehrer den Wunsch seines Vaters, nicht nach Polen zu fahren, um Auschwitz zu besuchen. Dort fand er genau die Baracke, in der seine Mutter leben musste. Herr Lehrer forderte eine Reform der Lehrer- und Juristenausbildung mit Schwerpunkt auf der Holocaust-Erinnerung.

Wenn Sie die vollständige Rede von Herrn Lehrer lesen möchten, klicken Sie bitte  HIER.

Frau Reinecke liest einen Text von Elie Wiesel:

Es kann Zeiten geben ,
in denen wir nicht in der Lage sind,
Ungerechtigkeit zu verhindern,
aber es darf nie einen Zeitpunkt geben,
an dem wir nicht protestieren.
Der Talmud sagt uns, dass der Mensch durch die Rettung eines einzigen Menschen die ganze Welt retten kann.


Elie Wiesel war ein rumänisch-US-amerikanischer Schriftsteller, Hochschullehrer und Publizist. Als Überlebender des Holocausts verfasste er zahlreiche Romane und sonstige Publikationen zu diesem Thema und erhielt 1986 den Friedensnobelpreis für seine Vorbildfunktion im Kampf gegen Gewalt, Unterdrückung und Rassismus

Friedensgebet - Herr Pastor Neuhaus und Herr Pfarrer Heinzen

Gemeinsam sprachen der evangelische Pastor Neuhaus und der katholische Pfarrer Heinzen zusammen mit den Anwesenden das Friedensgebet von Franz von Assisi.
 

Musikalische Begleitung der Gedenkfeier durch Prof. Epstein und Vitali Eberling

Rede/Schlusswort: Ehrenbürgermeister Ludwig Neuber

Ehrenbürgermeister Ludwig Neuber fasste in seiner Rede die in Ruppichteroth schon seit Jahrzehnten anhaltende Aufarbeitung der jüdischen Geschichte des Ortes zusammen: „Wir erinnern und gedenken, dass auch hier in Ruppichteroth die jüdische Bevölkerung ausgegrenzt, verfolgt und ihr Bethaus, ihre Synagoge von Nazis angezündet wurde. Es war der Auftakt für ihre Vertreibung und Vernichtung." Er appellierte an die Zuhörer mitzuhelfen, dass so etwas nie wieder passieren darf: „Nie wieder - never again".  
Der ehemalige Schulleiter sieht die Schulen, die Lehrer, Eltern und die informierte Bevölkerung hier in einer besonderen Verantwortung: „Wie bekommen wir dies nachhaltig und unauslöschlich in die Köpfe und vor allem in die Herzen der Menschen eingepflanzt?"
„Ich meine: vor allem durch die Erziehung und Bildung unserer Kinder und Jugendlichen. Dies geschieht im Elternhaus, von der Kita über die Grund- und weiterführenden Schulen bis hin zur Berufsbildung und zum Studium, eben durch die Wirkung und Mitwirkung der Eltern, der Pädagoginnen und Pädagogen, schließlich durch die gut informierte und aufgeklärte Bevölkerung."
Auch Herr Neuber spricht die derzeitige Planung des „Zukunftsprojektes Synagoge Ruppichteroth" an: „So stehen wir heute hier vor der ehemaligen Synagoge, wo wir die Anregung der Eheleute Peter und Marion Reinecke aus Nümbrecht aufgreifen können und sollten, nämlich „Grundsteine“ zu setzen, auf denen wir die Zukunft aufbauen können. Denn „Die Reineckes möchten“, so schrieb kurz vor Weihnachten eine Oberbergische Zeitung, „an die Vergangenheit mit Blick in die Zukunft anknüpfen. In Ruppichteroth könnte ein „Lehrhaus“ entstehen, in dem über das Judentum informiert wird.“ Und dafür gilt dieses Haus, die ehem. Synagoge als geeigneter Ort."
Wenn Sie die vollständige Rede von Ludwig Neuber lesen möchten, klicken Sie HIER.

Trotz des regnerischen und kalten Wetters waren mehr als 100 Personen (lt. Bericht KStA) zur Gedenkfeier erschienen.

Bericht Kölner Stadtanzeigers/Kölnische Rundschau am 28.1.2022