Bilderbuch Ruppichteroth

Übersetzung:

Walter Hess starb im Alter von 91 Jahren am 25. Dezember 2022 in Manhattan. Geliebter Ehemann für fast 67 Jahre von Hannah Hess, die im Mai starb. Er wird von den Kindern Kathy Tallering und Ehemann Ken, Maggie Brier und Ehemann Dean sowie Samuel Hess und Ehefrau Paula vermisst; Enkel Stephanie, Allison und Jenny Tallering und Zoe und Max Brier; Bruder Karl Hess und Ehefrau Ruth; und zwei Generationen von Nichten und Neffen. 1931 in Ruppichteroth, Deutschland, geboren, floh seine Familie 1939 vor den Nazis zunächst nach Ecuador, dann in die USA, wo sie sich in Washington Heights eine neue Existenz aufbaute. Als Filmredakteur, Dichter und Memoirenschreiber liebte er Sprache, Kunst, philosophische Debatten, die Schönheit der Natur und vor allem die Familie. „Überlebende haben keine andere Aufgabe, als zu sein, wer und was sie sind.“
Veröffentlicht von der New York Times am 1. Januar 2023.

 

Die Bedeutung von Walter Hess für die Ruppichterother Geschichte

Von nur wenigen Familien aus Ruppichteroth haben wir so viele Informationen wie von der Familie Hess, da Sohn Wolfgang/Walter Hess (geb. 1931) seine Erlebnisse - auch die in Ruppichteroth - ausführlich in seinem Buch „A Refugee's Journey, A Memoir" aufgeschrieben hat. Außerdem haben Wolfgang/Walter und seine Mutter Melitta Hess im 1986 in New York produzierten Dokumentarfilm „We were so beloved" mitgewirkt und von ihrem Leben in Ruppichteroth, der Flucht über Ecuador nach New York und von ihrem mühsamen Start und späteren Leben in New York berichtet.

Sein Gedichtband "Jew's Harp" enthält 30 Gedichte, in denen er verschiedene Etappen seines Lebens in poetischer Form beschreibt, darunter "Heimat", "1938" und "Opa - The Old Synagogue".

Der Autor dieser Zeilen konnte Walter Hess 2018 in seinem New Yorker Apartment am Rande des Central Park auf Manhattan besuchen.

Durch die vielfältigen und umfangreichen Publikationen von Walter Hess (alleine das Buch "A Refugee's Journey" umfasst 319 Seiten) erhalten wir einen tiefen Einblick in das Leben von jüdischen Familien in den 1930er Jahren. Wir erfahren aus Sicht der Betroffenen von den Schikanen der Nazis, den Problemen der Vorbereitung und der Durchführung der Flucht von Ruppichteroth über die Niederlande nach Panama und Ecuador und anschließend in das eigentliche Ziel New York, wo die Familie eine ihnen bis dato unbekannte Sprache (Englisch) erlernen und das Leben von Grund auf neu planen und gestalten mussten. War Walter Hess in der Wilhelmstraße in Ruppichteroth auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen, besuchte er in New York die High School und verdiente später seinen Lebensunterhalt als Filmproduzent und "film cutter". Sein Vater Oskar Hess, der ehemalige Landwirt, eröffnete nach zahlreichen Versuchen in diversen Berufen schließlich einen Malerbetrieb, obwohl er in Deutschland aus Höhenangst nicht einmal eine Leiter besteigen konnte.

Die Arbeiten von Walter Hess ermöglichen uns einen Blick auf das düsterste Kapitel der deutschen und der Ruppichterother Geschichte und dies aus einer Perspektive, die uns vorher so für unsere kleine Gemeinde nicht bekannt war und sich in zahlreichen  Aspekten von der vorher gängigen Darstellung der lokalen Geschichte unterscheidet.

Einige Beispiele hierfür können Sie unter folgendem Link aufrufen:
http://www.bilderbuch-ruppichteroth.de/geschichte/juedische-geschichte/juedische-familien-in-ruppichteroth/wolfgang/walter-hess-aus-unserer-sicht.html

Einen Kurzüberblick über das Leben der Familie Hess und den Werdegang von Wolfgang/Walter Hess finden Sie hier:
www.bilderbuch-ruppichteroth.de/geschichte/juedische-geschichte/juedische-familien-in-ruppichteroth/fam-moses-hess.html

Walter Hess hat sich bleibende Verdienste um die Beschreibung und um das Verständnis des schlimmsten Kapitels der deutschen und der Ruppichterother Geschichte erworben und Erfahrungen vermittelt, deren Bedeutung weit über die Gemeinde Ruppichteroth hinausgeht. Hierfür gebührt ihm immerwährender Dank.

Werke von/mit Walter Hess:

Film: We Were So Beloved: The German Jews of Washington Heights, film, © 1986 by Manfred Kirchheimer (367 Seiten)
Buch zum Film: Manfred Kirchheimer and Gloria DeVidas Kirchheimer, We Were So Beloved: Autobiography of a German Jewish Community (University of Pittsburgh Press, 1997) (367 Seiten)
Buch: „Refugee‘s Journey: A Memoir“, by Walter Hess (319 Seiten)
Gedichtsammlung: „Jew's Harp", by Walter Hess

"New York is my home, but Ruppichteroth is my Heimat"

Walter Hess hat auch in seiner New Yorker Zeit den Kontakt nach Ruppichteroth nie verloren. Beim Besuch 2018 zeigte er gleich zu Beginn 2 Bücher der Reihe "Ruppichteroth im Spiegel der Zeit" von Herausgeber Harry Hendriks. In den 50er Jahren besuchte er Ruppichteroth während seines Wehrdienstes in Deutschland und dann noch einmal in den 1980er Jahren.

Beim Besuch in 2018 fragte der Autor dieser Zeilen nach seinen Gefühlen zu Ruppichteroth. Dies war seine Antwort:
„New York is my home, but Ruppichteroth is my Heimat"

Im gleichen Gespräch meinte er irgendwann: „Vielleicht war mein Schicksal doch nicht nur schlecht. Wer weiß, was aus mir als Landwirtssohn in Ruppichteroth geworden wäre. ...  Als Filmemacher in New York hatte ich ein gutes und interessantes Leben."

Sowohl im Gespräch beim Besuch in 2018 in New York als auch in seinen Aussagen im Film und im Buch war Walter Hess immer bemüht die Zeitumstände zu verstehen und zu erklären,  die ihn und seine Familie zwangen Ruppichteroth zu verlassen und die seine Großeltern das Leben im Konzentrationslager kostete. Nie tat er dies in verbitterter oder vorwurfsvoller Form. 

Er sah es als seine Aufgabe an, diese Umstände präzise und deutlich zu schildern, um mitzuhelfen, dass so etwas wie damals nie wieder passiert.

Als ich ihm im Sommer 2018 von der bevorstehenden Verlegung der ersten Stolpersteine in Ruppichteroth (u.a. für seine Großeltern Moses und Henriette Hess) berichtete und ihm u.a. mitteilte, dass die ersten Stolpersteine von Schülern gestiftet worden waren, schrieb er folgende Nachricht an die Schüler/innen und Lehrer/innen:

Die Familie Hess in der WDR-App Stolpersteine NRW

Die Beschreibungen der Lebensumstände der Familie Hess durch Walter Hess haben auch die Macher der WDR-App Stolpersteine NRW so beeindruckt, dass sie der Familie 2 professionell gemachte Stories widmeten:

 

Wenn Sie diese Textstory hören möchten klicken Sie auf folgenden Link: https://stolpersteine.wdr.de/web/de/stolperstein/10178

Klicken Sie anschließend auf "Text Story" und dann (im darauffolgenden Bild) auf "Text vorlesen" und hören Sie den Text. Vergessen Sie nicht, die Handy-/Computerlautsprecher anzuschalten..

 

Wenn Sie diese Graphic Story zum Thema "Synagogenbrand 1938 in Ruppichteroth" hören und sehen möchten, klicken Sie auf folgenden Link: https://stolpersteine.wdr.de/web/de/stolperstein/10177

Klicken Sie anschließend auf "Graphic Storys" und dann (im darauffolgenden Bild) auf "Jetzt anschauen". Dann starten Sie die Geschichte durch Klick auf den Pfeil. Wenn das jeweilige Bild beschrieben worden ist, klicken Sie erneut auf den Pfeil. Vergessen Sie nicht, die Handy-/Computerlautsprecher anzuschalten..

Wolfgang/Walter Hess und seine Familie werden für immer einen ehrenvollen Platz in der Geschichte von Ruppichteroth haben.

Möge seine Seele eingebunden sein in das Bündel des Lebens (Jüdischer Segenswunsch).

Text:
Wolfgang Eilmes, im Januar 2023