Bilderbuch Ruppichteroth

Antwort 1 zu "Offene Fragen zur Ruppichterother Geschichte":

Thema: Fehlendes Bild von Bürgermeister Manner in der Ehrengalerie im Rathaus

Warum fehlt das Bild von Bürgermeister Hubert Manner ?
Wer hat die Entscheidung über die Entfernung des Bildes getroffen?
Wurde die Entscheidung öffentlich diskutiert?
Wo ist das Bild heute?

Hubert Manner war Bürgermeister von Ruppichteroth von 1922 - 1945.
Bis vor etwa 2 Jahren hing neben 9 anderen Bildern früherer Bürgermeister auf dem Flur des Ratssaales im Rathaus auch das Bild von Bürgermeister Hubert Manner. Da die benachbarten Bilder des Vorgängers Graf Friedrich von Nesselrode  und des Nachfolgers Johann Herchenbach nach Abnahme des Bildes von Nazi-Bürgermeister Hubert Manner zusammengeschoben wurden, bemerkt/e wohl kaum jemand das Fehlen dieses Bildes.

Hier die Antworten zu den oben gestellten Fragen:

bilderbuch-ruppichteroth.de erfuhr auf Nachfrage: das Bild wurde nach „Auskunft aus dem Rathaus" nach einem Hinweis eines Ratsmitgliedes auf judenfeinliche Aussagen bzw. Aktivitäten von BM Manner abgehängt.  
Nach „Auskunft aus dem Rathaus" wurde diese Frage nie öffentlich diskutiert, sondern im Kreis der Fraktionsvorsitzenden zusammen mit dem Bürgermeister entschieden.

Das Bild soll sich heute an einer nicht öffentlich zugänglicher Stelle im Rathaus befinden.

Kommentar von bilderbuch-ruppichteroth.de:

Es geht hier nicht nur um das Für oder Wider des Bildes innerhalb der Ehrengalerie. Nazi-Bürgermeister gab es auch in anderen Gemeinden. Meist gab es dort jedoch eine öffentliche Diskussion, ob man die Bilder dieser Personen auch in einer Ahnengalerie belassen sollte oder eben nicht. Diese notwendige öffentliche Diskussion gab es - wie auch bei einigen anderen historischen Fragen - in Ruppichteroth offensichtlich nicht.

Seltsam:

auf Anfrage von bilderbuch-ruppichteroth.de an die Fraktionsvorsitzenden und an Bürgermeister Loskill hat sich nur ein Fraktionsvorsitzender  zu dieser Frage geäußert. Die Antwort: „Dazu kann ich Ihnen keine Antwort liefern."

Diese  Fragen bleiben nun:
haben auch die anderen Fraktionsvorsitzenden und der Bürgermeister dazu keine Erinnerung ?
Und: warum beantworten sie diese Frage nicht?

bilderbuch-ruppichteroth.de wird das Thema weiter verfolgen und versuchen Antworten zu finden.

 

 

Antwort 2 zu "Offene Fragen zur Ruppichterother Geschichte":

Thema: Fragen zur Bedeutung einer Tafel am Ehrenmal in Ruppichteroth

Bei Führungen zur Ruppichterother Geschichte besucht der Autor dieser Zeilen auch gelegentlich (je nach Thema der Führung) das Ehrenmal an der Brölstraße. Die Geschichte des Ehrenmals und seiner verschiedenen Tafeln finden Sie unter „Das Ehrenmal an der Brölstraße".
5 der 6 Tafeln sind selbsterklärend.
Bei der nebenstehenden Tafel - die zu den im Jahr 2022 erneuerten Tafeln zählt - tauchen bei den Führungsteilnehmer/n/innen  jedoch regelmäßig Fragen auf wie z. B.

Woran soll diese Tafel erinnern ?
Wann wurde die erste (inzwischen ersetzte) Tafel angebracht ?
Von wem wurde sie angebracht bzw. von wem wurde die Anbringung beschlossen ?
Warum wird hier das Bröltal erwähnt ?

Es ist sicherlich ungewöhnlich, dass hierzu am Ehrenmal keine Informationen angebracht sind.

Auch diese Fragen hat bilderbuch-ruppichteroth.de an die Fraktionsvorsitzenden der im Rat vertretenen Parteien und an Bürgermeister Loskill geschickt. Schließlich befindet sich die Tafel auf einem gemeindlichen Grundstück. Keine der angefragten Stellen hat sich zu diesem Thema geäußert. Es bleibt unklar, ob man zu der Tafel nichts weiß, oder ob man vielleicht unangenehme Fragen lieber nicht thematisieren möchte.

Die Ruppichterother Bevölkerung hat jedoch aus unserer Sicht ein Recht, zu wissen, an wen an diesem Ehrenmal neben den Ruppichterother Opfern der beiden Weltkriege und den jüdischen Opfern des Holocaust mit einer Gedenktafel erinnert werden soll bzw. wer hier geehrt werden soll ( „Ehrenmal")

bilderbuch-ruppichteroth.de hat zu dem Thema recherchiert. Hier sind die - noch nicht vollständigen - Ergebnisse:

Die Tafel erinnert an ein Regiment des Hitler-Regimes, das sich von Oktober 1939 bis Januar 1940 in Ruppichteroth auf den Angriffskrieg gegen Frankreich vorbereitete.

Nun zu den Fakten:

Zum Text:

Die Tafel erinnert an das Füsilierregiment 27.
Zusätzlich werden genannt die Orte Rostock, Güstrow und die Region Bröltal.
(Anm.: Füsilier m. 'Infanterist' (besonders im preußischen Heer), eigentlich 'mit einem Gewehr ausgerüsteter Soldat', Übernahme (Ende 17. Jh., zunächst in frz. Schreibweise)

Oben im Kreuz (nur bei Vergrößerung bzw. im Original sichtbar) befindet sich die Jahreszahl 1939.

Alleine diese Informationen sind schon in dieser Kombination historisch falsch.
Begründung:

Ein Füsilierregiment 27 gab es 1939 noch gar nicht:Das Füsilier-Regiment 27 wurde am 10. Dezember 1942 aufgestellt" (https://www.lexikon-der-wehrmacht.de/Gliederungen/Fusilier-Regimenter/FusReg27.htm). Auf die möglichen Gründe für diese Falschinformation werden wir später an anderer Stelle eingehen.
Hier stellen wir nur die Frage: warum ist man bei Erstellung der Tafel nicht bei der korrekten Bezeichnung geblieben ???

zu Rostock:
Rostock war der Standort des 1942 aufgestellten Regiments.

„Bei Beginn des 2. Weltkrieges nahm das Regiment dann im Verband der 12. Infanterie-Division am Polenfeldzug teil. Danach wurde das Regiment an die Westfront verlegt. Bis zum Beginn des Westfeldzuges lag das Regiment als Reserve der Heeresgruppe B im Raum Siegburg. Im Rahmen des II. Armeekorps kämpfte das Regiment 1940 in Nordluxemburg, um die Festung Maubeuge, an der Somme, bei Nantes und in der Vendée. Nach dem Frankreichfeldzug blieb das Regiment bis Mai 1941 als Besatzungstruppe in Westfrankreich." (Quelle: s.o.)

Anm.: "im Raum Siegburg" = in Ruppichteroth (s.u.)

Zur Beteiligung des Regiment 27 am Angriffskrieg auf Frankreich erfahren wir im Lexikon der Wehrmacht:

„Zu Beginn des Westfeldzuges durchquerte die Division von Prüm aus Luxemburg und überschritt bei Heer die Maas. Anschließend durchbrach die Division die Maginot-Linie im Raum Trélon - Ohain. Anschließend verfolgte sie den geschlagenen Gegner bis in den Raum Arras - Monchy. Der anschließende Angriff über die Scarpe führte die Division bis in den Raum südwestlich von Lille. Während der zweiten Feldzugphase, der "Schlacht um Frankreich", marschierte die Division zur Somme und drehte dann auf St. Valéry ein. Östlich von Rouen wurde die Seine überquert und der Vormarsch bis zur Loire fortgesetzt, die östlich von Nantes überschritten wurde. Nach dem Waffenstillstand verblieb die Division in West-Frankreich als Besatzungstruppe. ..."

zu Güstrow: ein Bezug zu Güstrow konnte bisher nicht festgestellt werden, was aber auch eigentlich unmöglich ist, wenn dieses Regiment unter diesem Namen 1939 gar nicht bestanden hat.
zu Bröltal: das Lexikon der Wehrmacht erwähnt hierzu nur "im Raum Siegburg".
Genauere und detaillierte Informationen hierzu findet man jedoch im Buch "Sandkorn im Feuersturm" von Martin Steglich, erschienen im Eigenverlag 1990.
Martin Steglich war zusammen mit seiner Frau Roselinde, geb. Willach, Gründer und Betreiber des Möbelhauses Maro-Möbel in Ruppichteroth.

Martin Steglich (geb. am 16.7.1915 in Breslau, gestorben am 20.10.1997 in Ruppichteroth) war 1939 als Leutnant Kompaniechef im Infanterie-Regiment 27. Das Füsilierregiment gab es ja noch nicht (s.o.), dennoch benennt Herr Steglich sein Regiment im Buch von 1990 immer mit diesem Namen. Über die Zeit des Regiments im Bröltal schreibt Martin Steglich im Kapitel "Wie ich nach Ruppichteroth kam" und "Kirmes 1939 lag das Füsilier-Regiment 27" im Bröltal (S.42 - 47).
 

Per Zug von Polen ins Rheinland (u.a. nach Ruppichteroth):
Nachdem das Regiment 1939 zu Beginn des Krieges am Polenfeldzug teilgenommen hatte, wurde es es am 14. Oktober von Nasielsk (Polen) in einer 7 Tage und 6 Nächte dauernden Fahrt ins Rheinland verlegt (u.a. über Duisburg nach Beuel und von dort am 20.10.1939 nach Ruppichteroth).

In Ruppichteroth wurde das Regiment auf verschiedene "Quartierräume" aufgeteilt, u.a. auf das Hotel zur Krone, den Gasthof Schmitz (später Halang, heute Gasthaus an St. Severin), das Landschulheim Duisburg sowie Privatquartiere). M. Steglich:"Die Aufnahme im Bröltal war überaus herzlich."

Auf den Seiten 42 - 47 beschreibt Martin Steglich zahlreiche Begebenheiten während des ca. 3-monatigen Aufenthaltes des Regiments in Ruppichteroth (u.a. den "Kasinobetrieb" im Hotel zur Krone mit Dornkaat und Bier) und die Kontakte der Soldaten zur heimischen Bevölkerung. Zahlreiche Soldaten knüpften Konakte zu jungen Frauen aus Ruppichteroth und kehrten nach dem Krieg nach Ruppichteroth zurück, zumal viele von ihnen ihre Heimat im Osten verloren hatten. Sie gründeten hier Familien. Kinder und Enkel leben zum Teil heute noch in Ruppichteroth.

Was Martin Steglich nicht beschreibt, sind die militärischen Aktivitäten der Soldaten in Ruppichteroth, die sich hier auf den Frankreich-Feldzug vorbereiteten.

M. Steglich: „Im Januar 1940 wurde das Regiment 27 aus dem Bröltal an den Rhein vorverlegt. Meine 5. Kompanie lag dann in Schwarzrheindorf. Zum Scharfschießen ging es auf die Hardt-Höhe - heute Sitz des Verteidigungsministeriums."

Kommentar von bilderbuch-ruppichteroth.de:

Wir wissen noch nicht:
Wann ist die Tafel am Ehrenmal (!) in Ruppichteroth angebracht worden?
Wer hat sie in Auftrag geben und bezahlt?
Wer hat den - historisch in dieser Verknüpfung nicht haltbaren -  Inhalt  (Text und Jahreszahl) erstellt?

Es bleibt unverständlich, dass nach unseren Informationen auch die Gemeindeverwaltung den Hintergrund dieser auf einem gemeindlichen Grundstück im Jahr 2022 nach Diebstahl neu angebrachten Tafel nicht kennt. Dennoch wird die Tafel in die jährlichen Erinnerungsveranstaltung integriert, bei der der Ruppichterother Kriegsopfer der Weltkriege und der der Ruppichterother Opfer des Holocaust gedacht wird.

Die oben dargelegten Rechercheergebnisse beschreiben einen Aufenthalt eines Hitler-Regimentes in Ruppichteroth von Oktober 1939 - Januar 1940 zur Vorbereitung des Angriffskrieges gegen Frankreich.

Es ist nicht anzunehmen, dass es wirklich im Sinne der Bürger der Gemeinde Ruppichteroth ist, mit einer Gedenktafel an die Vorbereitung eines deutschen Angriffskrieges zu erinnern. Wer anders als Rat der Gemeinde und Bürgermeister können und müssen hier die Meinung der Bürger erkunden und widergeben?

bilderbuch-ruppichteroth.de wird sich weiter um Aufklärung bemühen und diese auf dieser Webseite mitteilen.

Vielleicht kann in diesem Zusammenhang auch jemand erklären, warum einige der Tafeln in silber, andere in bräunlichem Ton erstellt wurden. Diese Frage wird bei jedem Besuch des Ehrenmals gestellt.

3. Benennung/Umbenennung von Straßen oder Plätzen zur Erinnerung an die lokale Geschichte

Frau Schroeder weist in ihrem Kommentar von 2018 auf die im Jahr 2017 auf Antrag der SPD-Fraktion erfolgte Umbenennung des Kreisels neben der ehemaligen Synagoge hin: „Dass der Kreisverkehr in unmittelbarer Nähe in „Platz an der Synagoge" umbenannt wurde, ist eine Geste, freilich eine halbherzige: Postalisch ist dieses Areal nämlich nicht existent. Kein Anwohner musste dafür seine Adresse ändern - ein Gedenken - ein Gedenken, das keinem wehtut und wenig kostet."
Nach Recherchen von bilderbuch-ruppichteroth.de hat es schon vor Jahrzehnten (offensichtlich erfolglose) Überlegungen zur Benennung  einer Straße zur Erinnerung an die jüdische Geschichte in Ruppichteroth gegeben.
2021 haben sich auf Anregung von bilderbuch-ruppichteroth.de Bürgermeister Loskill und Vertreter der im Rat vertretenen Parteien im Rathaus getroffen und über die Umbenennung der aus Sicht von bilderbuch-ruppichteroth.de nur wenig geglückten Bezeichnung  „Platz an der Synagoge" gesprochen (es sollte u. E. zumindest inhaltich korrekt „Platz an der ehem. Synagoge" heißen, denn als die Synagoge noch ihre Funktion hatte (bis 10.11.1938) gab es dort keinen Platz, sondern lediglich eine Kreuzung). Angedacht war die Erinnerung an einen auch um die Ruppichterother Geschichte besonders verdienten jüdischen Mitbürger. Alle Teilnehmer dieser Besprechung waren sich einig, dass der Vorschlag umgesetzt werden sollte. Warum dies heute (ca. 2 Jahre später) nicht einmal mehr diskutiert wird, werde ich Ihnen im September 2023 im Rahmen der Veröffentlichung meiner Rechercheergebnisse mitteilen, vielleicht/hoffentlich mit Erklärungen der dafür zuständigen Stellen.