Bilderbuch Ruppichteroth

Tennisclub "ROT-WEISS" Ruppichteroth 1926 - ca. 1945

Wenn man heute (in den 2020er Jahren) über Tennis in Ruppichteroth spricht, denkt man wahrscheinlich als erstes an die1973 gegründete und heute noch bestehende Tennisabteilung des TV 1888 Ruppichteroth.
Nur die wenigsten werden wissen, dass es davor schon von 1926 – ca. 1945 einen Tennisverein/Tennis-Club in Ruppichteroth gab. Ältere Ruppichterother erinnern sich vielleicht noch an den in den 1950er und 1960er Jahren noch existierenden, ziemlich heruntergekommenen Tennisplatz hinter dem damaligen Hotel zur Krone und unterhalb der ehemaligen Synagoge. Die Netze aus Draht waren ebenso noch vorhandenen wie ein Teil des Zaunes am Rand des Platzes.
Werner Willach hat sich erfreulicherweise 1976 hingesetzt und aus seinen Erinnerungen und den wenigen vorhandenen Dokumenten die Geschichte dieses ersten Tennisclubs in Ruppichteroth aufgeschrieben. Sie sollte wahrscheinlich in dem in dieser Zeit geplanten, aber letztlich nie erschienenen „Heimatbuch Ruppichteroth“ veröffentlicht werden. Zahlreiche für dieses geplante Buch verfasste Artikel wurden von Friedrich Wilhelm Willach aufbewahrt und nun von seinem Sohn Hansfriedrich Willach dem Historischen Archiv der Gemeinde Ruppichteroth zur Verfügung gestellt, so dass wir die Geschichte dieses Vereins hier auf auf bilderbuch-ruppichteroth.de präsentieren können.
Vielen Dank für diese Materialien.

Tennis-Club "R0T-WEISS" Ruppichteroth - Gründung

In den Endzwanziger  Jahren ergriff Herr Albert Zimmermann, genannt "Blöckchen",  die Initiative und baute,nachdem sich genügend Interessenten zur Gründung eines Clubs zusammengefunden hatten, einen Tennisplatz im Garten seines Hotels, bzw. dem seiner Tanten. Diese rangen denn auch mit ihrem Neffen um jeden Baum, der notwendigerweise für den Platz sein Leben lassen mußte. Das war in der Zeit, als eine erhebliche Kontroverse zwischen den Orten Ruppichteroth und Schönenberg entbrannt war wegen der zu errichtenden Apotheke. Man sang damals voller Inbrunst die Spottverse:
Die Apotheke kommt nach hier
Drauf trinken wir noch 1o Glas Bier
Auf Schönenberg den Schäb'gen Rest
Es ist und bleibt ein kleines Nest!

Die Apotheke kam nach hier, der Tennis Club wurde gegründet und bald entwickelte sich ein reges geselliges Leben und nebenbei auch ein intensiver Spielbetrieb.

Wöchentliche „Tennissitzungen“ am Freitag – bei fast vollständiger Teilnahme aller Mitglieder

Unter der Leitung des bewährten Präsidenten Josef Schorn  spielte Herr Otto Willach II den Vize,Herr Fritz Krüger den Kassenwart und Frau Johanna Krüger die SpieIwartin. Jeden Freitag Abend war sogenannte "Tennissitzung". Eine reine Freude für den Besitzer des Clublokals - Blöckchen - eine weniger reine für die Ehefrauen bezw.die Eltern der Mitglieder.
Waren es doch in den meisten ,Fällen ziemlich ausgedehnte Sitzungen oder Tagungen,wie man will. Immer wieder neue Spiele ließ sich der Kassenwart einfallen, um mit Strafgeldern,die sich aus dem Ablauf der Spiele ergaben,die Kasse zu füllen. So stellte er sich mit einem Nickeltablett für Biergläser auf dem Kopf in eine Ecke des großen Tagungszimmers ,
Jeder bekam fünf Bierdeckel, und die mußte er aus der diagonal entgegengesetzten Ecke in das Tablett werfen. Für jeden Wurf, der sein Ziel nicht erreichte,durfte das Mitglied oder der Gast einen Obolus von 1o Pfennig entrichten. Zu seiner Ehre.sei es gesagt, Ebbe in der Kasse kannte Herr Krüger nicht. Das nur herausgegriffen aus der Unzahl von lustigen Ereignissen während der Sitzungen, die sich deshalb ungeteilten Interesses erfreuten.
Ich glaube  noch heute, daß damals alle Vorstände der Vereine und Clubs in der näheren und weiteren Umgebung den Tennisclub Ruppichteroth neideten ob der fast regelmäßigen Vollzähligkeite seiner Mitglieder bei den freitäglichen Sitzungen. So fing denn auch ein Gedicht des Vize an mit:

Geliebte Tennisschwestern und -brüder
Da sitzen wir mal endlich wieder   
In dem geliebten Club - Lokal
In recht erfreulich hoher Zahl.

Der Spielbetrieb – Trainer aus Köln – „Tennis-Nationalhymne“

Der Spielbetrieb war ebenso rege,und um die Qualität der Spieler zu heben.wurde in einem der nächsten Jahre; ein Trainer aus Köln verpflichtet. Es war ein Student, der aber in der Lage war,das Spielniveau gewaltig zu heben, so daß man schon bald daran ging, Vergleichskämpfe oder Turniere mit den Nachbarclubs von Schladern, Siegburg und Siegen zu arrangieren und mit wechselndem Erfolg auszutragen. Wenn dann nach getaner Arbeit die"Tennis- Nationalhymne"erklang:
Ja so fidel, fidel wie Tennisspieler sind,
Gibts auf der Erde kein einzig Menschenkind!

Dann ergaben sich wohl Reflektionen über die Qualitäten der einzelnen Spieler, die sich dann in Versen wie diesen niederschlugen:

Sehn Sie hier unsern Präsidenten,
Wenn den die Siegburgen mal spielen sehn könnten,
Sie würden bestimmt die Contenance verlieren
Und uns nie mehr ‚ne B-Mannschaft präsentieren.

Oder gar den:
Der Damen allerschönster Traum,
Sind Angaben von Dr. Brummenbaum,
Die sind so scharf und so voller Hetz,
Leider gehen die meisten davon ins Netz,

Heut ist er etwas müd im Rücken,
Das kommt vom vielen – Äpfelpflücken

Die anderen Spieler sollten auch noch in den Versen ihre Verherrlichung finden, aber der Pegasus hat nie wieder Halt gemacht in Ruppichteroth ,so daß das Besingen aller weiteren Mitglieder unterblieb. Und dennoch wurden die Worte FREUDE, VERGNÜGEN, LUST, HEITERES SPIEL, KAMERADSCHAFT und was der Tugenden mehr sind mit allen Buchstaben groß geschrieben, Bis zum Beginn des zweiten Weltkrieges dauerte das fröhliche Treiben auf dem Platz und im Clublokal. Dann wurden die meisten Spieler eingezogen, und die Damen des Clubs hatten andere Verpflichtungen. Heute.gähnt ein tiefes Loch an der Stätte des Platzes. Eine große Zahl der Mitglieder deckt schon der kühle Rasenund die noch Verbliebenen denken in Wehmut an die unbeschwerten Zeiten zurück. Es soll ein neuer Club und ein neuer Platz entstehen. Man möge auf der Tradition des Vorgängers aufbauen. Das bedeutet Garantie für frohe Stunden und ernsthaftes zielstrebiges Spiel.

 

 

Persönliche Anmerkungen des Verfassers (1976)

Wenn der Verfasser (Anm.: Werner Willach) dieses kleinen Abrisses über die kurze Geschichte des obigen Clubs dessen Gründung für einen der Lichtblicke in den Ruppichterother Vereinsgründungen hält, so ist doch selbst für ihn der genaue Zeitpunkt der Geburt in ein undurchdringliches Dunkel gehüllt. Alle Recherchen, die dieserhalb angestellt wurden, verliefen ergebnislos. Die, die es bestimmt noch wüßten, deckt der grüne Rasen und die noch lebenden ehemaligen Mitglieder können sich auf einen genauen Termin nicht mehr festlegen. Die s.Zt.genauest geführten Protokolle sind in den Wirren des Krieges, den der Club ohnehin nicht überstand verloren gegangen. Das ist nicht nur historisch gesehen ein herber Verlust, sondern auch rein schriftstellerisch gesehen, denn der Verfasser, der langjährige Schriftwart des Clubs, Herr Fritz Krüger, s.Zt.Ruppichteroth, garantierte für eine überaus launige Abfassung der Sitzungsprotokolle. Doch zurück zur Entstehung. Es muß in den letzten Jahren der GOLDENEN ZWANZIGER gewesen sein, die allgemeine wirtschaftliche und politische Lage regte keineswegs zur Gründung extravaganter Clubs an, aber einige Unentwegte fanden sich dann allen Unkenrufen zum Trotz doch zusammen, um den Vereinswirt Herrn Albert Zimmermann, Rupp., zum Bau des Platzes zu animieren.
Das war nun keineswegs so einfach, wie sich das hier liest. Da waren die Widerstände zweier alter Damen zu überwinden, die auf dem immerhin zu respektierenden Standpunkt standen, daß zu der Zeit die Anpflanzung bezw. das Ernten von Obst, Gemüse und Kartoffeln weitaus zweckmäßiger sei als das Anlegen eines Tennisplatzes. Da starben dann plötzlich einige Obstbäume ab, ausgerechnet die, deren Fortfall für die Anlage des Platzes notwendig war. Merkwürdigerweise erwiesen sich die außerhalb des Platzes existierenden Bäume als resistent der geheimnisvollen Krankheit gegenüber. Die Tanten werden wohl inzwischen verziehen haben, daß damals die zum Absterben verurteilten Bäume eine kleine Spritze erhalten haben. Die sonst so ertragreichen Gemüsebeete begannen ebenfalls zu kümmern, so daß dann die Genehmigung zum Bau erteilt werden konnte. Eines Tages war es denn so weit, der Club hatte sich konstituiert, und etwa 1/4 Jahr später war dann auch der Platz einweih- und bespielbar. Der erste Vorsitzende, bzw.Präsident war Herr Josef Schorn, Rupp., der dieses Amt so hervorragend verwaltet hat, daß man sich heute noch gern seiner Eröffnungsreden erinnert.
Es waren dieses einige, denn, wenn auch der Sportbetrieb hier und da nicht allzu intensiv gestaltet wurde, die wöchentlich stattfindenden Sitzungen wurden auf keinen Pall versäumt, d.h.sie fielen nie aus.
Rückblickend kann ich mir garnicht mehr vorstellen, was da alle Wochen an Tagesordnungspunkten an den Haaren herbeigezogen wurde, aber es war jeden Freitag etwas zu besprechen, und das Gros der Clubmitglieder war auch immer präsent. Der Wunsch der Menschen, wenigstens einmal in der Woche sich mit Gleichgesinnten zu treffen, um einige gemütliche Stunden miteinander zu verbringen, war zur damaligen Zeit wesentlich ausgeprägter als heute. So wurde dann meist sogar pünktlich jeden Freitag Abend um 2o,30 Uhr die offizielle Sitzung eröffnet. Die konnte je aus den vorgeschilderten Gründen nicht lange dauern und dann erklang das Vereinslied:
Ja, so fidel, fidel wir Tennisspieler sind, Gibt's auf der Erde kein einzig Menschenkind!
Das konnte sich dann mit den diversen Formen des Schunkelns etc. über eine geraume Zeit hinziehen lassen. Da der Club über eine Anzahl musischer Menschen verfügte, waren fremde Kräfte zur Unterhaltung der Mitglieder und etwaiger Gäste nicht nötig, das wurde mit eigenen Mitteln geschafft. Von Herrn Otto Willach, Rupp., ist nach ein dichterisches Fragment erhalten, das an einem Abend nach einem Turnier gegen einen der Siegburger Tennis Clubss uraufgeführt wurde:
Geliebte Tennis-Schwestern und -Brüder,
Da sitzen wir mal endlich wieder
In dem geliebten Club - Lokal
In recht beträchtlish hoher Zahl.

Das muß was zu bedeuten haben
Daß keiner fehlet heut* im Laden.
Seh'n Sie hier uns'ren Präsidenten
Wenn den die Siegburger mal spielen seh'n könnten
Sie würden bestimmt die Contenance verlieren
Und uns nie mehr 'ne B-Mannschaft präsentieren.

Der Damen allerschönster Traum
Sind Angaben von Dr.Brummenbaum.
Die sind so scharf und so voller Hetz',
Leider geh'n die meisten davonins Netz
Heut' ist er etwas steif im Rücken
Das kommt vom vielen Äpfelpflücken

Aus was für Gründen immer ist das Poem nicht weitergedichtet worden. Es beleuchtet aber schlagartig die Stimmung, in der die Feste gefeiert wurden und die Tatsache - die heute ruhig etwas ernster genommen werden könnte - daß der Sport eine der herrlichsten Nebensachen der Welt ist.
Es hieße, sich wiederholen und auch mein Erinnerungsvermögen zu sehr zu strapazieren, wollte ich alle die Beiträge der einzelnen Mitglieder aufführen. Jeder gab sein Bestes, und so war die Stimmung immer gesichert.
Wie im Vorstehenden schon angedeutet, wurde aber auch der Nebensache so viel Zeit gewidmet, wie das neben der Erfüllung der Berufspflichten möglich war. So war denn eigentlich schon nach kurzer Zeit aus den drei, vier Leuten, die schon mal einen Ball geschlagen hatten, ein Kader geworden, dem auch hin und wieder Aufgaben zugemutet werden konnten. Turniere mit gleichgesinnten Sportlern aus Schladern, Siegburg, Siegen etc. wurden vereinbart und abgehalten. Man lud diese zu sich ein, bezw.man fuhr zu den andern hin. Die Mißerfolge oder die Erfolge wogen sich wohl gegeneinander auf. Natürlich waren in den Städten Siegen und Siegburg mehr Talent aufzutreiben als in einem Dorf a la Ruppichteroth, aber was die andern an Qualität mehr hatten, das wogen wir durch einen nie versiegendenEhrgeiz aus und auf.Auf den beigefügten Bildern sind einige der damaligen Spieler zu sehen. Leider sind auch da die Foto Unterlagen, die dem Club gehörten, alle verloren gegangen.
Auf den Bildern ist aber doch noch die herrliche Lage des Platzes gut zu erkennen. Er war nach den neuesten damaligen Erkenntnissen angelegt und wurde auch so gepflegt, daß man ihn stets gut bespielbar nennen konnte. Eine kleine Laube auf einer dicht dabei liegenden Anhöhe diente einerseits als Beobachtungsplatz, sie wäre aber auch in der Lage über manches liebenswerte Tete a Tete zu plaudern. Wer wäre heute nicht geneigt, letzterem das Prä in der Erinnerung zu bewilligen.
Es ist schade, daß der Club Anfang des Krieges schon wegen Mangel an Beteiligung aufhörte zu existieren. Er hätte - in der Besetzung - ein längeres Leben verdient gehabt.
Vielleicht etabliert sich nach dem Bau der projektierten Plätze ein neuer Club, dann wäre er gut beraten, wenn er sich so in etwa an den Leitsätzen des früheren Clubs orientieren würde.

Werner Willach 20.5.1976