Bilderbuch Ruppichteroth

Anlässlich des 70. Jahrestages des Flugzeugabsturzes in Ahe 1955 führte bilderbuch-ruppichteroth.de eine Reihe von telefonischen oder persönlichen Interviews. Es war erstaunlich, dass sich (fast) alle älteren angefragten Personen an das Unglück erinnerten, über welches damals auch in der Presse bundesweit berichtet wurde.

Hier eine Auswahl der Zeitzeugenberichte von Sep. 2025:

Herr H. Schneider (Ruppichteroth, früher Brenzingen (Stadt Waldbröl):

„An diesem Nachmittag spielten wir Kinder in Brenzingen draußen, als ein sehr tief fliegendes Flugzeug mit großem Lärm über unseren Ort flog. Etwa 2 Stunden später hörten wir, dass ein Flugzeug bei Ruppichteroth abgestürzt war. Es war uns sofort klar, dass dies das Flugzeug war, das wir gesehen und gehört hatten“.

Ernst-Eugen Lang (Mönchengladbach, früher Hambuchen)

„Meine Familie war mit dem Kammericher Landwirt Peter Holzmenger befreundet. Herr Holzmenger hat uns oft erzählt, dass er mit seinen Helfern auf den Feldern zwischen Kammerich und Thal arbeitete, als das Flugzeug im Tiefflug aus Richtung Osten (Kaluna) über sie flog. Dabei war deutlich zu erkennen, dass es schon in der Luft brannte, bevor es dann in Ahe einen Mast streifte und in die Häuser stürzte“.

Helga Heuser (damals Ahe):

„Schon als 3-jähriges Mädchen war ich an diesem Tag wie so oft auf dem Hof unserer Nachbarn Anna und Josef Ludwig. Am Nachmittag fuhren wir 3 mit dem Pferdefuhrwerk aufs Feld, um Kartoffeln zu ernten.

Wir hörten plötzlich einen ziemlichen Lärm, machten uns aber weiter dazu keine Gedanken bis plötzlich Willi Löbach zu uns aufs Feld kam und rief:Kutt heem, de janze OOe brennt“ („Kommt nach Hause, ganz Ahe brennt“, Anm.: Ooe = Dialektform für Ahe). Auf dem Hinweg zum Kartoffelacker waren wir nämlich am Haus Löbach vorbeigekommen. Willi hatte uns gesehen und wollte uns nun über die Gefahr (das Haus Ludwig stand ja tatsächlich voll in Flammen) informieren.
Nach kurzer Diskussion zwischen Anna und Josef (wir hatten ja kaum etwas geerntet) fuhren wir dann zurück und sahen das brennende Haus und die Feuerwehr.

Die Familie Ludwig verlor an diesem Tag ihr Haus, das schließlich abgerissen und neu errichtet wurde. Bis zur Fertigstellung des neuen Hauses lebte die Familie in dem nur wenig beschädigten kleinen Fachwerkgebäude hinter dem früheren Haus über dem Pferde- und Schweinestall.“

Willi Löbach (damals Ahe)

Für uns Kinder waren auch die auf das Unglück folgenden Wochen sehr interessant und aufregend. Wir gingen fast jeden Tag mit kleinen Eimern zur Unglücksstelle und sammelten kleine Wrackteile des Flugzeugs, vor allem Aluminiumteile, die überall verstreut lagen. Diese verkauften wir „für gutes Geld“ an die in dieser Zeit regelmäßig vorbeikommenden Schrotthändler.

Marlies Knuth, geb. Heuser (Schwester von Helga Heuser):

„Ich war bei diesem Unglück 4 Jahre und saß auf der Terrasse vor unserem Haus (Gasthaus Heuser). Vor der Terrasse hatten wir einen Taubenschlag und ein Hühnerhaus. Beide Giebelwände wurden vom Flugzeug zerstört, nur die Rückwand blieb stehen.

Plötzlich hörte ich diesen enormen Lärm aus RIchtung „Zonkenberg“ und sah dann auch schon das auf unser Haus zukommende, tieffliegende Flugzeug.

Meine Mutter war mit mir auf der Terrasse und zog mich - wohl instinktiv - an der Schürze zurück ins Haus, damit ich nicht von dem enormen Sog des Flugzeuges erfasst wurde.

Den Rest des Nachmittags mussten wir Kinder auf dem Sofa unserer Nachbarin Sefa Göbel verbringen, da unser Haus als Lagezentrum für die Feuerwehr diente.

Zu unserem Missvergnügen sorgte Frau Göbel dafür, dass wir nicht aus dem Fenster schauen konnten: „Das ist nichts für Kinder“.

Ich kann mich jedoch noch daran erinnern, dass die Feuerwehr Löschwasser aus dem Brunnen neben dem Hause Ludwig pumpte.

Karl-Heinz Bodenstein (Ahe):

„Ich war damals 5 Jahre alt und spielte an der Ecke Aher Straße/Brölstraße am Milchbock, wo die Landwirte Ludwig, Dormann, Hohn und andere ihre Milchkannen hinbrachten. Plötzlich hörte ich aus Richtung Kammerich einen ohrenbetäubenden Lärm und sah, wie das schon sehr tief fliegende Flugzeug aus Richtung Kaluna vor Kammerich abbog und danach versuchte, auch den Ort Ahe links liegen zu lassen, was aber dann nicht mehr gelang. Das Flugzeug berührte einen Elektromast auf dem Haus Göbel, beschädigte das Dach des Hauses, dann und die alte Scheune der Familie Heuser und danach das Haus Ludwig.

Fast gleichzeitig kam aus Ruppichteroth der Landwirt Johann Hohn mit seinen 2 schwarzen Pferden, die einen landwirtschaftlichen Anhänger zogen. Sie waren so erschrocken von dem Lärm des Flugzeuges, dass sie sich aufbäumten und Johann Hohn sie nur mit größter Anstrengung zu seinem Hof lenken konnte. Ich verkroch mich aus Angst vor den Pferden unter den Milchbock, wo mich kurz darauf meine Mutter entdeckte und mich nach Haus beorderte: „Komm rein, das ist nichts für dich.“

Meine älteren Brüder waren in den Tagen und Wochen immer wieder an der Absturzstelle, um nach Überresten des Flugzeugs zu suchen. So fanden sie zum Beispiel einen ausgebrannten Tank. Sie schnitten den Deckel ab und versuchten,  das Unterteil als Bötchen auf der Bröl zu verwenden, was aber misslang.“

Hansfriedrich Willach (Ruppichteroth):

„Als 17-jähriger  Feuerwehrmann hatte ich mir nach dem Sirenenalarm das Auto eines Mieters geliehen. Ich eilte zum Feuerwehrgerätehaus an der katholischen Schule, doch die Kameraden waren schon weg. Ich fuhr mit dem Auto umgehend nach Ahe. Aufgrund der dort komplett abgesperrten Brölstraße musste ich einige hundert Meter zu Fuß zur Einsatzstelle laufen, wo ich aber nicht mehr zum Einsatz kam. Die Kameraden hatten die notwendigen Maßnahmen schon durchgeführt und versammelten sich dann in der Gaststätte Heuser, die zum Lagezentrum geworden war.
Zusammen mit der Polizei und belgischen Soldaten sicherten die Kameraden der Feuerwehr die Einsatzstelle ab. Die Feuer der zerstörten Häuser wurden mit Wasser aus der Bröl gelöscht.“
 

Wolfgang Eilmes (Ruppichteroth):

„Auch ich habe das Unglück als Zeitzeuge miterlebt. Ich war 5 Jahre alt und an diesem Nachmittag im katholischen Kindergarten in Ruppichteroth. Meine Großeltern (Hohn) hatten einen landwirtschaftlichen Betrieb in Ahe. Meine Familie wohnte in Ruppichteroth. Trotz der heute kaum noch vorstellbaren beschränkten Kommunikationsmöglichkeiten (wir hatten kein Telefon, es gab kein  Internet und keine Handys) hatte meine Mutter schon nach ca. 1 Stunde von dem Unglück in Ahe gehört, ohne Details zu kennen. Sie fürchtete, dass ihr Elternhaus betroffen sein könnte.
Meine Mutter holte mich im Kindergarten ab, setzte mich hinten aufs Fahrrad und wir fuhren nach Ahe. Was wir dort sahen, ist an anderer Stelle auf dieser Seite ausführlich zu lesen. Meine Mutter war trotz allem, was wir sahen, sehr erleichtert dass ihr Elternhaus verschont geblieben war. Das Haus ihrer Schwester Maria Schmitt (geb. Hohn) direkt neben dem Haus Ludwig hatte jedoch große Schäden am Dach, da es vom Flugzeug wenige Meter vor dem Aufprall gestreift worden war.
In den Jahrzehnten danach war das Thema Flugzeugunglück in Ahe immer mal wieder Gesprächsthema („Wir hatten alle riesiges Glück…)“.

Vor einigen Jahren rief mich ein Herr aus Röcklingen (Gemeinde Windeck) an. Er bot mir das hier zu sehende Metallstück an, das er als junger Mann als Fundstück an der Absturzstelle in Ahe mitgenommen. Er erzählte mir, dass er in den Monaten nach dem Unglück mit seinen Freunden an den Wochenenden häufiger nach Ahe gefahren sei, um nach Überresten des Flugzeugs zu suchen.

Zusammengestellt von Wolfgang Eilmes nach Gesprächen/Telefonaten im September 2025

Ergänzung:

Mit Ausnahme des an der Unglücksstelle verstorbenen Piloten gab es keine weiteren Opfere, auch keine Verletzten. Die meisten Bewohner waren mit ihren Familien auf den Feldern.
Schon wenige Minuten nach Eintreffen der Feuerwehr kam auch der damalige Rettungswagen mit Albert Schmitz aus Schönenberg in Ahe an. Auch er konnte schließlich wieder nach Hause fahren, ohne dass er tätig werden musste.
Im Haus Ludwig war lediglich Frau Hütter, eine Küchenhilfe, die aber auch unverletzt blieb. Frau Hütter wohnte in der Barracke, die auf einem der Bilder links zu sehen ist. Auch diese und die benachbarte Baracke blieben ohne Schäden.

Tiere:

Auch hier gab es keine Schäden. 4 Tiere konnten aus den Ställen gerettet werden.