Nachtrag zum Artikel über Schäng Schneller (Person des Monats):
Kein anderer Artikel im bilderbuch-ruppichteroth.de hat bisher eine solche Resonanz gehabt wie der Artikel über den Musiker Schäng Schneller. Insbesondere nach der Veröffentlichung eines Berichtes im Kölner Stadt-Anzeiger meldeten sich eine große Zahl von Personen beim Autor, die sich zum Teil nur für die Geschichte und die damit verbundenen Erinnerungen an die Kindheit bedankten, zum Teil aber auch herzerfrischende Geschichten über ihre Erinnerungen an Schäng mitteilten, die ich hier zum Teil und auszugsweise veröffentliche.
Mit einer besonders interessanten Ergänzung zu den bisherigen Ergebnissen möchte ich beginnen:
mit einem Lied des Eitorfer Männer-Gesang-Vereins ("Komm mal nach Eitorf"), in dem in Strophe 3 "Schängela" besungen wird :
"..................
Feste feiern, wie sie fallen, das ist in Eitorf gar nicht schwer, Kirmes oder Fastelovend, da geht es bei uns hoch her. Tanzen, singen, schunkeln, lachen, dazu ein Kölsch vom Faß, Und spillt der Schängela op der Quetsch, dann macht es doppelt Spaß! Komm mal nach Eitorf, Mittelpunkt im Siegtal. Komm mal nach Eitorf,es lohnt sich in jedem Fall. Komm mal nach Eitorf, mein Freund dann wirst du sehn, Bei uns in Eitorf, da ist es wunder-, das ist es wunder-, da ist es wunderschön." |
Aufnahme des Eitorfer Männer-Gesang-Vereins aus dem Jahre1998 anläßlich des 125-jährigen Bestehens des Chores.
Musik: Roland Wiese, Text: Markus Ennenbach, Chorsatz Rolf Pohle.
Das Tondokument wurde zur Verfügung gestellt von Markus Ennenbach und Karl-Josef und Margret Schyns.
Vielen Dank auch an den Vorstand des MGV Eitorf für die Genehmigung zur Präsentation des Liedes auf dieser Seite.
Wenn Sie dieses Lied nicht hören können - z. B. weil Sie den Abspiel-Button nicht anklicken können - , versuchen Sie's einfach mit einem anderen Browser. Mit Firefox und Chrome klappt das Abspielen (bei mir), mit dem Internet-Explorer nicht.
Aufnahme des Eitorfer Männer-Gesang-Vereins aus dem Jahre1998 anläßlich des 125-jährigen Bestehens des Chores.
Musik: Roland Wiese, Text: Markus Ennenbach, Chorsatz Rolf Pohle.
Das Tondokument wurde zur Verfügung gestellt von Markus Ennenbach und Karl-Josef und Margret Schyns.
Vielen Dank auch an den Vorstand des MGV Eitorf für die Genehmigung zur Präsentation des Liedes auf dieser Seite.
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Hier folgt eine Auswahl von weiteren Reaktionen auf den Artikel (der Abdruck erfolgt mit Genehmigung der jeweiligen Personen):
Beginnen möchte ich mit meiner Lieblingsgeschichte, die Herr Kurt Müller aus Schladern telefonisch mitgeteilt hat und die m. E. den starken Charakter von Schäng zeigt, der trotz finanzieller Verlockungen seinen Grundsätzen treu blieb:
„Wenn Schäng in Schladern war, kam er auch immer in die frühere Gaststätte Müller. Wir haben dort zusammen mit ihm gesungen, getrunken und Geld für ihn gesammelt. Den dortigen Stammgästen war bekannt, dass Schäng sein „Lieblingslied „Maria zu lieben“ nur bei ihm besonders zugetanen Personen, insbesondere bei netten und frommen Frauen spielte. Also versuchte man, ihn durch Geldangebote zu locken, das Lied auch einmal in der Kneipe zu spielen:“Schäng, du kriegst 1 Mark“, „Du kriegst 5 Mark für das Lied“, „Wir legen zusammen, du bekommst 10 Mark für das Lied“. Ich kann mich erinnern, dass ihm einmal sogar 50 Mark, eine für damalige Verhältnisse und für Schäng fast unglaubliche Summe, hierfür geboten wurde. Er blieb aber seinen Grundsätzen treu und standhaft und spielte das Lied nie in einer Kneipe.“
Herr Hans Schiefen aus Hennef-Söven schreibt:
„Ich habe mit großem Vergnügen den Bericht über den Schnellers Schäng gelesen. Ich kann mich noch gut an den Schäng erinnern. …. Er kam regelmäßig bei meinen Großeltern in Schiefen vorbei. Dann spielte er mit seiner Kwetsch ein bis zwei Lieder, dann bekam er seinen Obolus , zum Teil in ein paar Groschen oder mal etwas Wegzehrung, dann grüßte er freundlich, nicht selten sagte er zu meiner Großmutter: „Du bes en joot Frau.“
Schäng hatte aber einen kleinen Sprachfehler. Er konnte kein einzelnes „s“ aussprechen. „s“ war für ihn ein „sch“. Wenn er spielte, sang er auch dabei. Ich erinnere mich noch gut: als meine Tante geheiratet hat, spielte er bei ihrer Hochzeit auf. Er hatte eine große Auswahl an Liedern. Ein Lied fehlte aber nie, und zwar „Du kannst nicht treu sein“. Und jetzt komme ich auf den Sprachfehler mit dem „s“ zurück, das klang dann so:„du kanscht nicht treu sein, nein , nein, dasch kanscht du nicht“. Schäng setzte sich nicht mit an den Tisch, wenn er zum Essen eingeladen wurde. Nein, er nahm sein Essen auf dem Stuhl ein, wo er saß und spielte. Er sagte immer: „Ich paß net zo der feine Jesellschaff“.
Wenn ihm mal bei seinen Touren einer nicht aufmachte, das vergaß er nicht. Beim nächsten Mal, wenn er wieder kam, sagte er dann, „hatzte mich net gehürt oder hatzte keen Jröschelchen mie?“.
Soweit meine Erinnerungen an den Schäng. Wir mochten ihn alle.“
Herr Kurt Birkenbeul aus Herchen schreibt:
„Aus den 60er Jahren habe ich die folgenden Anekdote zu Schäng in Erinnerung: Schäng kamauf seinen „Musikreisen“ regelmäßig am damaligen Bürgermeisteramt der Gemeinde in Herchen vorbei und brachte uns, den Bediensteten des Amtes ein Ständchen. Das waren Volkslieder, Schlager oder auch Karnevalslieder. Wir standen an den Fenstern zur Straße und amüsierten uns köstlich. Er erhielt selbstverständlich dann ein erkleckliches Dankeschön in Form von Münzen.
Unter den Bediensteten befanden sich natürlich auch „Juxbrüder“. Und so wurde dann bei einer Tour ausgeheckt, den Schäng zu veranlassen, am damaligen Kinderheim der Stadt Neuss, das von Nonnen geleitet wurde, um die Osterzeit ein Karnevalslied vorzutragen. Und so geschah es auch. Natürlich war das den Nonnen zuviel des Guten und sie jagten ihn vom Grundstück. Schäng hatte die Lacher auf seiner Seite und bekam einen doppelten Obolus in seinen Hut geworfen. In Hoppengarten kam Schäng beim Musizieren regelmäßig zu einem Haus, in dem die Hausfrau einen glühend roten Haarschopf hatte. Schäng spielte und sang dann „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“. Die Hausfrau war zwar recht erbost und schimpfte, hatte aber doch so viel Humor, dass sie Schäng zu Mittag einlud und ihm eine warme „Brölloosensuppe“ (eine Art Kartoffelsuppe) servierte.“
Herr Bruno Althoff aus Altwindeck schreibt:
„Schäng besuchte regelmäßig unseren Ort Altwindeck, um mit seinen Liedern die Leute zu erfreuen. Dabei ist mit aufgefallen, dass er ein kleines Schlitzohr war, denn er sang und spielte am Hause, wo etwas frommere Leute wohnten, das Kirchenlied „Maria zu lieben war allzeit mein Sinn“ , dagegen zwei Häuser weiter, wo keine so frommen Leute wohnten, den Schlager „Ei, ei, ei Maria, Maria von Bahia“. Dabei bemerkte ich, dass er das, was er nicht singen konnte, spielte und was er nicht spielen konnte, das sang er. Er übernachtete regelmäßig im Saal unserer Gastwirtschaft.
In Dattenfeld wohnt noch ein Mann, der den Schäng perfekt körperlich als auch stimmlich imitieren konnte. Dieser Mann ist mehrmals im Dattenfelder Karnevalszug als Schäng mitgegangen und hat den Leuten damit immer eine große Freude gemacht.
Schäng ging auch fast regelmäßig am 2. Pfingstfeiertag mit der Wallfahrt von Dattenfeld nach Marienthal, selbstverständlich hin und zurück. Das waren 32 km plus den Kreuzwegin Marienthal. Ich habe beobachtet, dass er vor seiner Erkrankung von Jahr zu Jahr die Strecke immer schlechter bewältigen konnte. Zuletzt holte ich mit meinem Wagen ein Familienmitglied in Roth bei Rosbach ab, wo die Prozession immer durchzog. Dabei bemerkte ich, dass Schäng so 200 m hinter Prozession her ging. Ich fragte ihn, ob er mit meinem Wagen mit nach Dattenfeld fahren wollte.
Freudestrahlend bejahte er das und stieg auf den Rücksitz meines Wagens. Ich fuhr dann langsam hinter den Pilgern her Richtung Dreisel. Unterwegs hielt ich schon mal an, um nicht zu nah aufzufahren. Dann wurde Schäng ganz aufgeregt, er hatte Angst, er wäre nicht rechtzeitig bei der Ankunft der Wallfahrt an der Kirche in Dattenfeld. Als ich dann nach dem Dreiseler Berg an der Linde den Prozessionsweg verließ, um in einem Bogen die Prozession zu überholen, ist er mit fast auf dem fahrenden Auto gesprungen. Als ich dann an der Kirche ankam, ist er schnell aus meinem Auto gestiegen und der Prozession in Richtung Dreisel entgegen gegangen. Er kam dann zwischen den Pilgern gehend vor der Kirche an. Als er mich am Rande stehen sah, begrüßte er mich großspurig. Er zog sogar seinen legendären Hut vor mir. Als ich dann zu meinem Wagen zurückkehrte, sah ich zu meinem Entsetzen, dass der Rücksitz und der Boden übersäht waren mit leeren Kamellenpapierchen. Die Kamellen hatte Herr Schäng Schneller in seiner Aufregung alle gegessen.“.
Herr Josef Ensen aus Kraheck erinnert sich wie folgt:
„Auf der Uckerather Kirmes habe ich Schäng mehrfach zusammen mit einem anderen Straßenmusiker erlebt, dem Unkelbach“. Der spielte Klarinette und Oboe. Beide lieferten sich zur Freude der Besucher einen musikalischen Wettbewerb, „nicht schön aber laut“ Schäng war auch ein Schlitzohr: er ging meist zu frommen Leuten, die bezahlten besser.Wenn er von Dorf zu Dorf über die Felder zog, betete er den Rosenkranz und wenn der Text schon mal fehlte, spielte er das Ave Maria auf dem Akkordeon“.
Herr Paul Scheidrich aus Eitorf-Hombach berichtet:
„Am Wochenende kam Schäng immer mit einem „Püngel Geld“ zu meiner Schwester ins Lebensmittelgeschäft. Sie gehörte zu den Personen, denen er vertraute und die er das Geld zählen ließ.
Schäng wurde von den Leuten im Ort immer freundlich begrüßt und war meist ebenso freundlich zu ihnen . Er merkte jedoch auch sehr schnell, wenn man ich nicht ernst nahm: ich erinnere mich noch sehr gut an einen Sonntag, als der Pastor in der Kirche den St. Blasiussegen verteilte. Als Schäng zur Segnung nach vorne kam, bat ihn der Pastor die Knöpfe am Hemd zu öffnen, damit er ihn besser segnen könne. Schäng sagte daraufhin verärgert zu mir: „Der wollte mich verarschen“. Freitags nahm er an den Proben des Kirchenchores teil, wobei er auch sicher gehen konnte, dass er seinen Schnaps (Wachholder) erhalten würde, bei dessen Genuss er regelmäßig seine oft nachgeahmte Grimasse zog.
Schäng war ein frommer Mensch. Sonntags ging er regelmäßig in die Kirche. Er konnte alle Kirchenlieder auswendig und sang diese laut und begeistert mit. Gelegentlich kam er zu spät und man hörte seinen lauten Gesang, sobald er die Türe öffnete.“
Herr Peter Schmitz aus Eitorf berichtet:
„Mein Vater ist mit Schäng zur Schule gegangen. Wenn Schäng später meinen Vater traf, hat er ihn immer mit „alter Studienfreund“ begrüßt.“
Herr Klaus Müller aus Windeck teilte telefonisch mit:
„Mir ging das Herz auf, als ich den Artikel gelesen habe. Ich sehe den Schäng heute noch vor mir. Ich kann mich gut erinnern, wie meine Mutter ihm 20 Pfenning - verpackt in Zeitungspapier - nach seinem Vortrag aus dem ersten Stock auf die Straße geworfen hat".
Frau Manuela Grimm geb. Röder aus Windeck-Lindenpütz schreibt:
„Mit einem sehr großen Interesse konnte ich heute den Artikel über den Schäng lesen. Wie ein Blitz kamen die Kindheitserinnerungen zurück und meine Mutter und ich haben nochmals zurück gedacht als der Schäng hier singend durch Lindenpütz gezogen ist. Ich sah mich förmlich wieder in meiner abgewetzten Lederhose und mit meinem eigenen "roten Akkordeon", denn hier in unserer Straße durfte ich ihn dann begleiten. Leider gibt es keine Fotos aus dieser Zeit; aber ich danke Ihnen, dass ich einen Moment lang nochmals Kind sein durfte.“
Frau Trost aus Uckerath teilt telefonisch mit:
„Ich habe früher in Kämerscheid gewohnt und kann mich noch gut daran erinnern, dass Schäng dort mit seinem Akkordeon gespielt hat und im Stroh im Kuhstall beim Bauer Eier-Stommel übernachtet hat“.
Herr Emanns aus Süchterscheid berichtet:
„In Blankenberg gab es früher ein Benefizium (Anm.: Wohnstätte von sich nicht mehr im Dienst befindlichen katholischen Geistlichen). Wenn Schäng nach Blankenberg kam, ging er umgehend dorthin und spielte „Maria zu lieben“. Von früheren Besuchen wußte er, dass die Bewohner des Benifiziums es nicht mochten, dass das Kirchenlied auf dem Akkordeon und auf der Straße gespielt wurde. Daher kam der Leiter des Benifiziums sehr schnell zu Schäng, gab ihm seine Gröschelchen und bat ihn weiterzugehn.“ Schneller konnte Schäng sein Geld nirgendwo verdienen.
„Wenn Schäng zu uns kam – und er kam immer zur Mittagszeit zu uns – wußte er, dass er im Hause meiner Eltern ein Mittagessen bekam. Eines Tages kam er freitags zu uns. Und wie es damals in katholischen Haushalten üblich war, gab es freitags kein Fleisch. Schäng nahm das Mittagessen ohne zu murren zu sich, erzählte aber anschließend auf allen Stationen im Ort: „Bei denen jitt et nit es mie Fleesch“ (bei denen gibt es nicht einmal mehr Fleisch). Er hatte wohl nicht mitbekommen, dass es Freitag war. Meine Mutter war darüber so erbost, dass sie ihm nie mehr ein Mittagessen anbot.“
Schäng mit seiner für ihn typischen Ausrüstung (Rucksack, Stock, Hut und Akkordeon) auf der Mucher Straße in Ruppichteroth auf dem Weg zum nächsten Ständchen.
Bild: Anneliese Neuber. Vielen Dank für die Überlassung.
Schäng beim Ständchen vor einem Haus in der Mucher Straße. Er stellte sich einfach vor das Haus - gelegentlich wie hier auch mitten auf der Straße - und spielet, bis die Bewohner heraus kamen und ihm seinen Obolus gaben.
Bild: Anneliese Neuber. Vielen Dank für die Überlassung.
Und hier noch ein Bericht aus der Rhein-Sieg-Rundschau vom 7.7.1976. Der Redakteur Johannes Kurenbach berichtet auf sehr einfühlsame Weise über seine Erfahrungen mit Schäng und wie er Schäng, nachdem er ihn schon viele Jahre nicht mehr gesehen hatte , auf der Straße nach Uckerath erkannte und zu einem Ständchen animierte.
Quelle: Rhein-Sieg-Rundschau vom 7.7.1976. Zur Verfügung gestellt von Anneliese Neuber. Vielen Dank.