Bilderbuch Ruppichteroth

Josef Hohn aus Thal - Einberufung zum Volkssturm 1945

Am Beispiel der Dokumente von Josef Hohn aus Thal können wir ersehen, wie der Volkssturm zum Ende des Krieges auch in Ruppichteroth noch versuchte, sogenannte waffenfähige Bürger  zum Dienst zu verpflichten.

Josef Hohn Thal, geb. 1907, hatte als Lokführer der Rhein-Sieg Eisenbahn AG einen auch für oder gerade in Krisenzeiten - wie man heute sagen würde - „systemrelevanten" Beruf, einen Begriff, den es damals noch gar nicht gab. Die Eisenbahn war auch im Krieg notwendig, um die Wirtschaft am Laufen zu halten, um Waren und Menschen im Alltag aber auch zu Kriegszwecken zu transportieren.

Diese Systemrelevanz bewahrte Josef Hohn also viele Jahre vor dem Kriegsdienst. Als die Verzweiflung der Nationalsozialisten Anfang 1945 aufgrund der zu erwartenden Niederlage immer größer wurde, wurden viele der früheren Freistellungen aufgehoben, um den letzten Widerstand selbst mit nicht ausgebildeten Kräften leisten zu können. Davon war nun auch Josef Hohn betroffen. Er erhielt mehrere Aufforderungen zum Antreten beim Volkssturm. 

Die Dokumente wurden zur Verfügung gestellt von Ulrich Clees. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von Hildegard Feuerbach, geb. Hohn. Vielen Dank.

Der Volkssturm - Einleitende Informationen

 „Der Deutsche Volkssturm war eine deutsche militärische Formation in der Endphase des Zweiten Weltkrieges. Er wurde nach einem von der NSDAP ausgehenden propagandistischen Aufruf an alle waffenfähigen Männer im Alter von 16 bis 60 Jahren außerhalb der vorherigen Wehrpflicht gebildet, um den „Heimatboden“ des Deutschen Reiches zu verteidigen, „bis ein die Zukunft Deutschlands und seiner Verbündeten und damit Europas sichernder Frieden gewährleistet“ war.
(Wortlaut des Originaldokuments (Reichsgesetzblatt 1944, Teil I, S. 253), abgedruckt in Gerd R. Ueberschär, Rolf-Dieter Müller: 1945. Das Ende des Krieges. Darmstadt 2005, ISBN 3-89678-266-5, S. 160 f., Quelle wikipedia) 

Natürlich gab es auch in Ruppichteroth einen Volkssturm, der laut Karl Schröder u.a. vom Spieß Josef Schorn geführt wurde.

Rebecca Schäfer hat ein früheres Mitglied des Volkssturms (Herrn Hans Schneider aus der Gemeinde Windeck) befragt. R. Schäfer schreibt: „Schneider nimmt kein Blatt vor den Mund und zeigt, wie grausam und rücksichtlos" die Führung der Nazis noch wenige Wochen vor Kriegsende vorging und „noch ihren Anteil daran gehabt hat, schonungslos Menschenmaterial zu verheizen."

Auszüge aus der Befragung/Aussagen von Hans Schneider:
„Während die Zuziehung der jüngsten Jahrgänge eher unproblematisch war, so gab es gerade aber bei den Alten Probleme. Die Jungen .... wären öfters auch gerne dazu bereit gewesen, am letzten großen Waffengang ihren Teil zu haben - natürlich gegen den Willen der Eltern.
Die Alten jedoch sahen bereits das Ende des Krieges voraus und wollten nicht in letzter Stunde noch ihr Leben lassen. ... Jeder der angetroffen wurde und militärisch verwendbar bzw. eine Waffe tragen konnte, wurde kurzerhand zum Soldatensein verpflichtet. ... Im Allgemeinen galt der Grundsatz, dass ein arbeitsfähiger Mensch auch waffenfähig ist. ... Es mussten auch die Jüngsten ran. So wurde zum Beispiel der 13jährige Arztsohn Karl Th.... aus Köln über Nacht mal eben zum 16jährigen Jüngling erklärt. ... Unter den Soldaten - vor allem unter den Längerdienenden - war in der Regel die einstimmige Meinung vertreten,dass der Krieg bereits verloren war!. Nur durfte man diese Meinung nicht äußern! Hierauf stand Todesstrafe."
(Quelle: Ralf Anton und Rebecca Schäfer, Das Kriegsende in der Heimat, 199, tredition, S. 98ff.)

Erste Einberufung von Josef Hohn zum Volkssturm - Feb. 1945

Kurz und knapp wurde Josef Hohn mitgeteilt: „Sie gehören der 3. Kompanie, 4. Zug, 3. Gruppe an. Antreten am Sonntag, d. 11.2.45 um 9 Uhr auf dem Freiheitsplatz (gegenüber der Firma Reuther & Reisert) Hennef."

Freistellungsbescheinigung vom 28.3.1945

Wie aus dieser Bescheinigung hervorgeht, hat der Kreisleiter der NSDAP des Siegkreises den Lokführer Josef Hohn, der ja (s.o.) am 11.02.1945 zum Volkssturm in Hennef antreten sollte, schon im Februar und nun erneut zur Aufrechterhaltung des Betriebs der Bröltalbahn von der Dienstverpflichtung im Volkssturm befreit.

„In-Marsch-Setzung" von Josef Hohn - Anordnung vom 05.04.1945 und Antrag auf Rücknahme dieser Anordnung vom 06.04.1945

In diesem Schreiben bezieht sich die Rhein-Sieg Eisenbahn AG auf die Anordnung vom 05.04.1945 der „In-Marsch-Setzung" des Lokführers Josef Hohn durch das W.B.K. in Ruppichteroth zur Auffangstelle Annaberg Siedenberg.
Die Rhein-Sieg Eisenbahn AG beantragt im vorliegenden Schreiben vom 06.04.1945 die Aufhebung dieser Anordnung, um den Zugbetrieb  aufrecht erhalten zu können, wie dies der Kreisleiter der NSDAP angeordnet hatte.

Anm.: W.B.K. = Wehrbereichskommando

Aufforderung zur sofortigen Meldung beim Volkssturm in Ruppichteroth (07.04.1945)

Mit diesem wenig persönlichen, dafür aber knappen und deutlichen Schreiben vom 07.04.1945 wurde Josef Hohn aufgefordert, sich „sofort nach Erhalt dieser Aufforderung zwecks Erfassung beim Volkssturm auf dem  Geschäftszimmer in Ruppichteroth, Adolf-Hitler-Straße 40" zu melden.
Die Geschäftsstelle der NSDAP befand sich damals im späteren Schullandheim der Stadt Köln (heute Fliesen Harth).
Der Freistellungsantrag vom 06.04.1945 ist dann genehmigt worden (Dokument liegt leider nicht vor). Josef Hohn konnte seinen Dienst bei der Rhein-Sieg Eisenbahn fortsetzen.

Aufruf zur Wiederaufnahme der Arbeit - 27.04.1945

In den letzten März- und den ersten April-Wochen 1945 ist der Siegkreis - zum Teil auch unter heftigen Kämpfen - durch die Amerikaner von den Nationalsozialisten befreit worden. Das wirtschaftliche Leben war in dieser Zeit fast zum Erliegen gekommen. In diesem Schreiben - ca. 2 Wochen vor Ende des Krieges - bemüht sich die Rhein-Sieg Eisenbahn AG nun um die Rückkehr ihrer früheren Mitarbeiter zum Zwecke der „Aufräumungs- und Instandsetzungsarbeiten". 

Bestätigung der Wiederbeschäftigung am Standort Waldbröl - 18.05.1945

„Was haben Sie während des Krieges gemacht?"

Schon auf der Konferenz von Jalta im Februar 1945 hatten die Siegermächte Beschlüsse gefasst, die die Auflösung der NSDAP und der ihr angeschlossenen Organisationen zum Ziele hatten. Durch die sogenannte Entnazifizierung sollten Kriegsverbrechen aufgedeckt und Personen erkannt werden, die für die Siegermächte als Sicherheitsrisiko galten. Die Briten hatten dabei ein Kategorisierungssystem (1 - 5), wobei die schweren Fälle (1-2) in Gerichtsverfahren behandelt wurden.
Das vorliegende Dokument zeigt, wie und mit welchen Fragen man auch die Hintergründe der „einfachen Leute" überprüfte, in Fall Josef Hohn ja also auch von jemandem, der nicht im Kriegseinsatz war und alles getan hat, diesen ja auch zu vermeiden.

Arbeitspass Josef Hohn - 05.02.1947

Nach Kriegsende gehört der damalige Siegkreis zur britischen Besatzungszone. Die heutige Bundesrepublik war noch nicht gegründet. Es gab eine „Pflicht zur Arbeit im Dienste des Aufbaus. Zur gerechten Verteilung der Lasten ist Beschäftigungs-Kontrolle notwendig". Hierzu musste der Arbeitspass immer mitgeführt werden, im Falle von Arbeitslosigkeit die „Arbeitslosen-Meldekarte".

„MILITÄRREGIERUNG-BEFREIUNG" - 27.11.1945

Mit diesem Ausweis der britischen Militärregierung erhielt Josef Hohn die Genehmigung, sich außerhalb der für die Normalbevölkerung geltenden 6 km-Zone im gesamten Gebiet der Rhein-Sieg Eisenbahn AG zu bewegen.