Bilderbuch Ruppichteroth

Was geschah wirklich in Ruppichteroth in der Reichspogromnacht am 9.11.1938?

Mit dieser Frage befasst sich bilderbuch-ruppichteroth.de schon seit einigen Jahren und wird versuchen, diese in der nächsten Zeit an dieser Stelle zu beantworten. 
In Kurzform kann die Frage so beantwortet werden: 
In der eigentlichen Reichspogromnacht am 9.11.1938 geschah an der Synagoge in Ruppichteroth gar nichts. Der Brand in der Ruppichterother Synagoge wurde erst am 10.11.1938 um ca. 7 Uhr morgens gelegt.
 

Am 9.11. und 10.11.1938 wurden in Deutschland mehr als 1400 Synagogen zerstört. Die Ereignisse dieser beiden Tage gehören nach Ansicht von Historikern zu den am besten dokumentierten Geschehen der nationalsozialistischen Zeit. Für Ruppichteroth liegen hier insbesondere die Rechercheergebnisse von Karl Schröder vor. Vieles - auch für Ruppichteroth -  eignete sich jedoch vielleicht in früheren Jahrzehnten noch nicht für die Veröffentlichung, anderes ist erst heute mit Hilfe der modernen Kommunikationsmöglichkeiten bekannt geworden. 
bilderbuch-ruppichteroth.de hat diese Dokumente gelesen, mit Zeitzeugen und Zweitzeugen gesprochen, in Archiven recherchiert und die Informationen zusammengetragen. 
Die Veröffentlichung dieser Informationen erscheint umso mehr geboten, da selbst in aktuellen und offiziellen Darstellungen zum Synagogenbrand heute immer noch falsche Informationen an die Öffentlichkeit gelangen, während andere – auch solche, die schon lange verfügbar waren – nicht öffentlich gemacht wurden. 
Dass es auch andere Sichtweisen auf die Ereignisse vom November 1938 als die bisher bekannten gibt, habe ich im „Bilderbuch Ruppichteroth Band 2“ auf S. 142 – 143 unter dem Titel „Der Tag des Synagogenbrands aus jüdischer Sicht“ aufgezeigt. Im Film „We were so beloved“ (von Manfred Kirchheimer und Gloria de Vidas Kirchheimer) berichten Melitta und Walter Hess, den ich 2018 in New York persönlich treffen konnte, davon, wie am 10.11.1938 Mutter Melitta Hess und ihre Söhne Wolfgang/Walter, Peter und Karl (alle 1938 wohnhaft in der Wilhelmstraße in Ruppichteroth) von Ruppichterother SS-Leuten vor die brennende Synagoge gestellt und bedroht wurden:
 

Melitta Hess: Als das Feuer brannte, haben sie uns - mich, die drei Kinder und meine Schwiegermutter vor die brennende Synagoge gestellt. Einige von ihnen riefen: „Verbrennt sie, tötet sie.“
Walter Hess: Es war die Möglichkeit für einen Schnappschuss. Sie haben uns vor die brennende Synagoge gestellt und Fotos gemacht. ...
Ich muss sagen, dass ich viele Leute in der Menge gesehen habe, die aus dem Dorf waren. Da waren Kinder, von denen ich dachte, sie wären meine Freunde gewesen, die Spielkameraden von mir waren, die nun Dreckklumpen auf uns warfen. Für mich war es der traumatisierendste Tag meines Lebens. Den Ort zu sehen, den du liebst und wo du deine Wurzeln hast ... und plötzlich ist alles auf den Kopf gestellt.
Zwei SS-Männer standen hinter den Leuten und als die Blitzlichter aufleuchteten, begannen sie, uns zuzurufen: „Wartet nur, ihr werdet auch verbrennen. Wartet nur, wartet nur.“  Sie lachten und schauten sich an, als ob sie gerade einen tollen Witz gemacht hätten.

(Quelle: Film: „We were so beloved" (by Manfred Kirchheimer) und Buch „A Refugee's Journey" (by Walter Hess).

Personen, die als Zeitzeugen oder durch Erzählungen  zum Thema beitragen möchten, können sich gerne bei mir melden (auf Wunsch auch vertraulich): Tel. 02295-6315. 
Fragen, die demnächst hier auf bilderbuch-ruppichteroth.de detailliert – und mit Belegen – beantwortet werden sind z. B.:

  • Wer waren die Brandstifter?
  • Warum brannte die Synagoge in Ruppichteroth nicht wie so viele andere in Deutschland am 9.11. sondern am 10.11.1938?
  • Warum sind die Ereignisse dieser Tage - auch für Ruppichteroth - so gut dokumentiert und die Dokumente im Gegensatz zu vielen anderen Dokumenten dieser Zeit nicht vernichtet worden?
  • Warum ist die Ruppichterother Synagoge nicht abgebrannt (wie mehr als 1400 andere Synagogen in Deutschland)?
  • Wieso hat das Dach nach dem Brand 2 sehr unterschiedliche Löcher?

Zum Faktencheck 1 - Die Rolle des Bürgermeisters beim Brandanschlag auf die Synagoge