Bilderbuch Ruppichteroth

„Es ging fast so als hätten wir alle Tage Kirmes.“

Ein geschichtlicher Überblick über die Entwicklung des Bergbaus im Raum Ruppichteroth (von Wolfgang Eilmes)

Der Bergbau in Ruppichteroth gehört neben dem Kalkbrennen zu den ältesten Industrien in unserer Region.  Erste schriftliche Zeugnisse für den Bergbau in Ruppichteroth findet man für das Jahr 1531. „Nach dem Tod Albrechts von Allner erbten Johann von Allner und Walraf Scheiffart von Merode ‚den Iserberch im Kirchspiel Ropegeroidt (Ruppichteroth) gemeinsam zu Gebrauch und Nutzung und keiner von ihnen alleine.’ Der iserberch war also zu wertvoll, um ihn einem Erben allein zu überlassen, beide sollten Nutzen an dieser wichtigen Rohstoffquelle haben.“ (Benz 2010)

Sogar von einer für die Verhüttung der Eisenerze notwendigen  Schmelzhütte (= Hochofen) auf dem Gelände des früheren Huwil  Werk II  wird schon 1612 berichtet: „Vier, offenbar vermögende Ruppichterother Bürger, erhielten die Erlaubnis, bunterm Dorf Ruppichteroth auf der Brölbach im sogenannten Prinz stall, eine Eisenschmelzhütte zu errichten. Die begüterten Herren waren der Amtsknecht Johann Stommel, dann Rorich Neffgen und Thomas aus der Hardt. Ihre Hütte war nachweislich noch 1645 in Betrieb.“ (Benz 2010)

Der Abbau der Erze (meist Eisenerze, seltener Kupfererz)) erfolgte zu dieser Zeit noch vorwiegend im Tagebau und noch nicht durch auswärtige Gesellschaften, sondern durch Ruppichterother  Bauern. Die Erträge waren wohl in diesen Jahren recht gering und als es den Menschen im Bergischen Land gegen Ende des 18. Jahrhunderts  u.a. durch die Revolutionskriege wirtschaftlich immer schlechter ging, kam der Bergbau in unserer Region fast ganz zum Erliegen.

Die Blütezeit des Ruppichterother Bergbaus: 1830 - 1875

Eine Wiederbelebung des Bergbaus erfolgte dann in den 1830er und nachfolgenden Jahren, so dass man die Zeit 1830 – 1875 als die Blütezeit des Bergbaus in Ruppichteroth bezeichnen kann.  Dieser Bergbau wurde dann aber nicht mehr durch die hiesigen Bauern (s.o.) verwaltet , sondern durch auswärtige  Firmen (z. B. Phönix AG und Emil Langen, den Betreiber der Friedrich-Wilhelms-Hütte in Troisdorf) betrieben. Die Ruppichterother  Bauern waren für diese Betriebe als Arbeitskräfte tätig. 
Die größte und ertragreichste Eisenerzgrube war zu dieser Zeit die Grube Sperber („großer Sperber“, Verleihung der Abbaurechte 1853), die bis zu einer Tiefe von 24 m im Tagebau betrieben wurde.

Der Bau der Bröltalstraße (Baubeginn 1857, Fertigstellung 15.9.1862) sowie der Bröltaler Eisenbahn (1862) mit einer ersten Linie von Hennef bis ins Saurenbachtal  ermöglichten den Transport der Erze zur Verarbeitung bis nach Friedrich-Wilhelmshütte (Troisdorf).  Die jährliche Förderung stieg zu dieser Zeit um mehr als das Dreifache. Die Bröltalbahn transportierte während dieser Blütezeit jährlich etwa 4000 t Bergwerksprodukte (insbesondere Eisen- und Bleierze) sowie ca. 2000 t Steinbruchprodukte aus der Region Ruppichteroth.

Die Arbeit im Bergbau und die nebenbei betriebene  Landwirtschaft sicherten den Menschen ein gutes Einkommen und einen nie gekannten Wohlstand. Lehrer Hagen (zitiert nach Peter Reidt, 1895)  spricht davon, dass bei Niedersaurenbach und der Grube Sperber richtige „Lustschlösser“ erbaut worden waren. Es war großartig, babylonisch ……. Jeder wollte Geschäfte in Bergwerken machen, um möglichst bald ein Millionär zu werden“. Und weiter schreibt Lehrer Hagen: „Die hiesigen Bewohner wurden, wie es bei dergleichen Anlagen zu geschehen pflegt, von der Ackerarbeit abgezogen, liefen auf das Bergwerk, lebten hauptsächlich von den dort verdienten Silbergroschen, die ihnen monatlich ausgezahlt wurden, wenn die Weiber nicht schon im voraus den Monat hindurch aus dem von der Gesellschaft errichteten Konsum für den ganzen Lohn Ware geholt hatten. Das war ein lustiger Verbrauch. Je mehr die Leute verdienten, desto mehr wurde verbraucht. An den Sonntagen und sogar in den Abenden der Wochentage konnte man der Leute Mut hier im Dorf bis spät in die Nacht hinein in den Wirtshäusern hören. Es ging fast so als hätten wir alle Tage Kirmes.

Die in vielen anderen Abbaugebieten in Deutschland tätige Phönix AG besaß 1865 mit Ausnahme von 2 Gruben (Juliane bei  Mittelsaurenbach und Petri bei Scheid)
alle wichtigen Gruben im Raum Ruppichteroth. Das Ruppichterother Verwaltungsgebäude der Firma war das ehemalige Wohnhaus des Bürgermeisters Heismann und
Bürgermeisteramt (1813 – 1836)  (später Arztpraxis, Krankenhaus, Sanatorium >Schullandheim der Stadt Köln> heute Fliesen Hardt).

Das Ende naht

Doch schon Mitte der 1860er Jahre war das Eisenerz aus den Gruben um Ruppichteroth nicht mehr wirklich konkurrenzfähig. Einerseits war der mengenmäßige Ertrag geringer als man angenommen hatte, andererseits konnte die Qualität des hier gewonnenen Eisenerzes nicht mehr mit der von anderen Gebieten (wie z. B. dem Siegerland) mithalten, so dass sich der Abbau von 1864 – 1869 von 28700 Tonnen mehr als halbierte.

Als Ende der Bergbautätigkeiten wird allgemein die Zeit um 1875 angenommen. Da sich die Ruppichteroth Gruben wie oben dargestellt, zu dieser Zeit  fast ausschließlich  im Besitz der Phönix AG befanden, hat diese Gesellschaft wohl  aus wirtschaftlichen Gründen das Ende für alle Gruben gleichzeitig verkündet.  Dazu schreibt Karl Schröder 1978: „Das Ende der Bergbauperiode muß die Bevölkerung , völlig unerwartet, stark getroffen haben. Unser Gebiet geriet in eine „Strukturkrise“, um ein modernes Wort zu gebrauchen." Lehrer Hagen beschrieb die Situation  1875 so: „Nun waren die Leute an das Leben gewohnt, das sie nicht fortführen konnten, ohne zu den alten Schulden neue zu machen. So lange ich in Ruppichteroth lebe, war nicht so schlechte Zeit dahier als jetzt“.

Ab- und Auswanderung der Menschen

Und Pfarrer  Pfarrer Reidt schrieb 1895: „Seitdem aber diese Werke brach und stillgelegt sind, griffen und greifen manche unserer Landsleute zum Wanderstab, um in größeren Städten und Industrieorten eine ausgiebige Einnahme zu erzielen“. Viele gingen „nicht ohne Schaden und Nachteil der Landwirtschaft nach Solingen, Elberfeld, Barmen, nach Siegburg in die königliche Geschoßfabrik, einige wanderten sogar nach Amerika aus.“ 

Erneuter Versuch

Dr. Rolf Warm aus Bölkum berichtet von den letzten bekannten Versuchen, die Region Ruppichteroth als Bergbau-Region zu beleben:
„Das wohl letzte Kapitel der Geschichte des Bergbaus in unserer Gegend wurde wahrscheinlich kurz vor dem Zeiten Weltkrieg aufgeschlagen. Die Vereinigten Stahlwerke Seigerland, die die Bergrechte der Phönix Gesellschaft 1924 übernommen hatten, brachten von August 1937 bis Dezember 1938 84 Bohrungen bis zu einer Tiefe von 76 m nieder, um die Abbauwürdigkeit der verschiedenen Lager festzustellen. Nirgendwo wurden günstige Lagerverhältnisse angetroffen, die einen wirtschaftlichen Abbau versprachen, so daß der Bergbau damit der endgültigen Vergangenheit angehören dürfte.“ (zitiert nach Karl Schröder 1978)

Quellen: 
Günter Benz, Die Geschichte des Bergbaus bei Ruppichteroth, 2005
Günter Benz, Manuskript eines Vortrages anläßlich einer Wanderung des Bürgervereins Ruppichteroth mit dem Thema „Bergbau in Ruppichteroth“ am 15.5.2010.
Günter Benz, Zur Geschichte der Kalkbrennerei bei Schönenberg und Ruppichteroth, 2011
Herbert Hohn, Das Bröltal und die Bröltalbahn , Ruppichteroth im Spiegel der Zeit“ , Band 3,  S. 139 – 155.
Johann Peter Reidt, Miszellaneen über Ruppichteroth, Ruppichteroth 1895.
Karl Schröder, Die industrielle Entwicklung der Gemeinde Ruppichteroth, Ruppichteroth im Spiegel der Zeit“ , Band 2, 1978, S. 290-300.